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Taktische Eigensicherung für Rettungskräfte

Vergangene Woche absolvierten Mitglieder der Feuerwehr Usingen eine "Übung" der besonderen Art. Hierbei stand diesmal nicht der Dienst am Bürger in Form der traditionellen Aufgaben der Feuerwehr "Retten / Löschen / Bergen / Schützen" im Fokus, sondern es ging rein um die Eigensicherung unserer Einsatzkräfte. Auch befassten wir uns an diesem Tag nicht mit den und sonst im täglichen Einsatz begegnenden und gut bekannten Gefahren durch Feuer, Rauch oder ähnliches, vielmehr ging es diesmal um die zunehmendem Übergriffe und Angriffe welchen sich Rettungskräfte mittlerweile ausgesetzt sehen.

Das Spektrum reicht hierbei von Pöbeleien und Beleidigungen wegen Nichtigkeiten, bis hin zu körperlichen Angriffen bei denen Rettungskräfte verletzt werden. Um diese Gefahren und Konflikte frühzeitig zu erkennen und ihnen effektiv entgegen wirken zu können, hat unser Mitglied Oliver Richter das Tagesseminar "Taktische Eigensicherung für Rettungskräfte" entwickelt. Mit der Expertise aus seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei einer Strafverfolgungsbehörde und den Einblicken in den täglichen Dienst von Freiwilliger Feuerwehr und nebenberuflicher Tätigkeit im Rettungsdienst, ist dieses Seminar speziell auf die Bedürfnisse von Feuerwehr und Rettungsdienst zugeschnitten.

Nach der Begrüßung startete das Seminar mit den wichtigsten statistischen Zahlen und Fakten zu Angriffen auf Rettungskräfte. Hierbei wurde deutlich, wie hoch die Anzahl der betroffenen Rettungskräfte ist.

Im Anschluss wurden die rechtlichen Grundlagen zum Themenkomplex der Notwehr und des Notstands erläutert. Auch auf den eventuell entstehenden Konflikt zwischen der Garantenstellung, welche die Einsatzkräfte im Alarmfall einnehmen, und ihrem Schutz wurde hierbei eingegangen.

Im nächsten Modul wurde darauf geschaut, welche Informationen in welcher Phase des Einsatzes für die Sicherheit der Einsatzkräfte wichtig sind und wie man unter Beachtung der Eigensicherung in verschiedenen Einsatzsituationen an die eigentliche hoheitliche Aufgabe den Feuerwehr herangeht. Hierbei stehen die Einsatzkräfte immer wieder vor der schwierigen Situation, dass sie zum Helfen gekommen sind, jedoch dabei ihre Eigensicherung im Bezug auf Aggressoren oder Angreifer nicht vernachlässigen dürfen. So kann es vorkommen, dass aufgrund eines Aggressors an der Einsatzstelle, wichtige feuerwehrspezifische Maßnahmen nicht oder nicht so getroffen werden können, wie dies sonst der Fall wäre. Das hierunter ggf. ein verletzter Patient leiden muss, wenn sich dadurch seine Rettung verzögert, ist für unseren Rettungskräfte nur schwer hinzunehmen.

Das Spektrum, welches die Rettungskräfte kennen müssen, reicht in solchen Fällen vom penetranten Gaffer bis hin zum Amoktäter oder gar einem Anschlagsszenario. Dass solche Fälle auch in kleineren Gemeinden auftreten können, zeigen uns nicht nur die kürzlich geschehenen Tragödien aus den USA. Nachdem der Blick für die verschiedenen Einsatzlagen und ihre Gefahren theoretisch geschärft worden war, ging es noch vor dem Mittagessen zum ersten praktischen Teil. Hierbei wurde die Abwehr von Angriffen durch verschiedene Arten des Würgens, sowie der Griff in die Haare oder den Feuerwehrhelm geübt. Gerade der Griff in den Helm und das Reißen daran ist gefährlicher als viele denken, da der Angreifer hier eine sehr guten Hebelwirkung hat und enorm starke Kräfte auf den Nacken der Rettungskraft wirken. Dies kann zu gefährlichen Verletzungen der Halswirbelsäule führen.

Auch die Abwehr von Angriffen mittels der im Einsatz mitgeführten Ausrüstung wurde hier trainiert. Hierbei ging es auch darum, die Situation richtig zu erkennen um angemessen auf dem Angreifer einzuwirken um ihn nicht unnötig zu verletzen. Nach der ersten körperlichen Anstrengung folgte das Mittagessen. Um danach noch etwas verdauen zu können, wurde zunächst mit einem Vortrag zum Thema "Einsatz mit der Polizei" weitergemacht. Hierbei wurde das Vorgehen der Polizei in verschiedenen Einsatzlagen erläutert, da die taktischen Ziele der Polizei in der ersten Phase eines Einsatzes von denen der Rettungskräfte abweichen können. So soll das Verständnis entstehen, warum Maßnahmen der Feuerwehr und des Rettungsdienstes ggf. lagebedingt zurückgestellt werden müssen. Auch wurden hierbei nochmal die spezifischen Gefahren erläutert, die entstehen, wenn Angreifer mit Messern, Schusswaffen oder sogar Sprengmitteln agieren. Letztere Szenarien sind zum Glück sehr selten, dafür jedoch umso fataler wenn man auf sie trifft.

Anschließend befasste sich der längste Teil mit den praktischen Fähigkeiten der Selbstverteidigung. Beginnend mit der eigenen Körperhaltung und Körpersprache, bei einer zunächst verbalen Auseinandersetzung, wurde hier auch die Anwendung von Gewalt zur Abwehr eines Angriffes in einer Notwehrsituation trainiert. Es besteht hierbei immer das oberste Ziel, eine Konfliktsituation zu vermeiden oder durch verbale Cleverness diese schon im Keim zu ersticken. Auch wenn Gewalt als letztes Mittel genutzt wird und sich die Teilnehmer erhoffen, es nicht nutzen zu müssen, muss man der aktuellen Situation doch ehrlich gegenüber treten und solche Techniken erlernen, damit jeder der freiwilligen Helfer wieder sicher nach Hause kommt. Nur dann können unserer Einsatzkräfte bei der nächsten Alarmierung wieder alles Stehen und Liegen lassen, um in ihrer Freizeit Anderen zu helfen. Um 17 Uhr wurde das Seminar mit einer gemeinsamen Feedbackrunde beendet.

Die Teilnehmer erlebten einen Tag, der sowohl von Spaß beim Erlangen von neuem Wissen und praktischen Fähigkeiten, als auch von nachdenklichen Momenten geprägt war, wenn ihnen vor Augen geführt wurde, welcher Gewalt sie sich unerwartet ausgesetzt sehen können. Daher gingen die Teilnehmer mit dem guten Gefühl nach Hause, auf diese Szenarien besser vorbereitet zu sein.




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